Der
Huchen oder Donaulachs gilt als die am stärksten bedrohte
einheimische Fischart. Bisher litt er unter Überfischung und
Verbauung. In Zukunft könnte ihm auch noch der Klimawandel zusetzen.
Der stark bedrohte Huchen ist der große
Unbekannte in Österreichs Gewässern.
Um ihn besser schützen zu können,
nehmen Wissenschafter seine Lebensraumansprüche genauer unter der
Lupe.
Ein sonniger Märztag an der Mur: Durch
die gekräuselte Oberfläche des glasklaren Flusses sind zwei gut
einen Meter lange Gestalten sichtbar. Keine Holzstämme, denn sie
bewegen sich. Beim genaueren Hinschauen erkennt der Betrachter zwei
kraftstrotzende Fischleiber. Hucho hucho, besser bekannt als
Huchen oder Donaulachs, widmet sich der Fortpflanzung.
Das Weibchen legt seine Eier in einer
selbst gegrabenen Grube im Kiesbett ab, dann werden sie vom Männchen
besamt. Seit Millionen von Jahren dieselbe Prozedur, von Generation zu
Generation.
Es gab Zeiten, zu denen ein solches
Schauspiel nichts Außergewöhnliches war. Anfang des 20. Jahrhunderts
bewohnte der Huchen noch fast alle österreichischen Donauzuflüsse
und den Hauptstrom. Als begehrter, bis zu eineinhalb Meter langer und
60 kg schwerer Speisefisch stellte man ihm mit Netzen, Angelruten, ja
sogar mit Mistgabeln nach.
Heutzutage dagegen ist H. hucho die
wohl am stärksten bedrohte einheimische Fischart. Gute Populationen
kommen nur noch in der Mur sowie in der niederösterreichischen
Pielach vor. Ansonsten gibt es ein paar versprengte Restbestände,
oder es werden mittels Besatzmaßnahmen mit Zuchtfischen quasi künstliche
Populationen aufrechterhalten, ohne dass sich die Tiere in diesen Flüssen
erfolgreich fortpflanzen können. "Wenn es so weitergeht wie
bisher, wird der Huchen aussterben", prophezeit der Ökologe
Stefan Schmutz von der Universität für Bodenkultur in Wien. Die
Frage sei nur: wann?
Vom verbauten Lebensraum ...
Die Ursache für das Verschwinden des
Huchens ist laut Schmutz nicht etwa Wasserverschmutzung, sondern der
hemmungslose Verbau unserer Fließgewässer - und früher natürlich
Überfischung. Durch Begradigungen, das Abholzen von Uferbäumen und
den Bau von Staustufen wurden nicht nur die Lebensräume und Laichplätze
des Donaulachses zerstört. Andere strömungsliebende Arten sind
ebenfalls stark betroffen.
Zudem blockieren Dämme die
Wanderrouten, eventuell eingebaute Fischpässe sind oft mangelhaft.
Mit weitreichenden Folgen: Die Schuppenträger suchen vergeblich einen
geeigneten Platz, um ihre Eier abzulegen, und wenn dies doch gelingen
sollte, findet die frisch geschlüpfte Brut an den kanalisierten Ufern
keine Schlupfwinkel mehr.
Stefan Schmutz erklärt, warum der bedrängte
Herrscher der Donau von diesen Problemen gleich zweifach betroffen
ist: Der Huchen ist ein Raubfisch, sagt der Experte, und in vielen Flüsse
seien einfach zu wenige Beutefische vorhanden. So leben in der Drau
heute nur noch zehn kg Fisch pro Hektar, früher waren es bis zu 600
kg. Besonders die Barben und Nasen, ursprünglich in Massen
vorkommende Fischspezies, zeigen sich für das Überleben von H. hucho
entscheidend.
An der Pielach konnte Schmutz mit
seinen Kollegen beobachten, wie Brutlingsschwärme oft von einem
Mini-Huchen begleitet werden. "Der schwimmt da mit und holt sich
alle halbe Stunde einen", berichtet der Fischforscher. In freier
Wildbahn wachsen die Donaulachse in ihrem ersten Lebensjahr bis zu 20
Zentimeter. "In der Fischzucht bringen die das nicht
zusammen."
Trotz solcher Studien ist der
wissenschaftliche Kenntnisstand über diese Prachtfische verblüffend
gering. Über den Weißen Hai zum Beispiel gibt es wesentlich mehr
Fachpublikationen. Warum? "Weil es eben kaum noch Populationen
gibt, die man untersuchen kann", meint Stefan Schmutz lapidar.
Zudem stehe für solche Forschung kaum Geld zur Verfügung. "Die
einzigen, die sich jahrzehntelang um den Huchen gekümmert haben,
waren die Sportfischer."
Inzwischen haben sich Naturschützer
und Behörden ebenfalls des Donaulachses angenommen, wenn auch eher
zaghaft. So wurde im Rahmen des EU-Life-Programms vor einigen Jahren
an Pielach, Melk, Kamp und einem mehr als dreißig Kilometer langen
Donauabschnitt in der Wachau das Projekt "Lebensraum Huchen"
durchgeführt.
... zur geglückten
Renaturierung
Ziel war es, durch den Bau neuer Fischpässe
und Renaturierungsmaßnahmen die "fischökologische Funktionsfähigkeit"
dieser Gewässer weitgehend wiederherzustellen und so die
Huchenpopulationen zu fördern. Das Unterfangen war ein ziemlicher
Erfolg, berichtet Stefan Schmutz. Huchen und andere Arten wanderten
alsbald wieder frei in diesen Flüssen umher. Aber: Die Lebensräume
und ihre Strukturen müssen weiter verbessert werden.
Schmutz befürchtet, dass sich die Fließgewässer
ohne natürlichen, Schatten spendenden Auwaldwuchs an den Ufern
infolge der Klimaerwärmung zukünftig zu stark aufheizen. "In
der Melk wurde im Sommer schon 30 Grad gemessen." Und der Huchen
verträgt nur maximal 25°C.
Kurt de Swaaf / DER STANDARD Verlag
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